Forschungsschwerpunkte

Das Institut für Lebensmittelchemie beschäftigt sich mit biotechnologischen Prozessen zur Erzeugung von Naturstoffen mit aromagebenden und anderen funktionellen Eigenschaften.

Die Arbeiten fokussieren sich auf die Nutzung des biotechnologischen Potenzials von Basidiomyceten und Algen, die Produktion neuartiger Enzyme zum Einsatz in der Lebensmittelindustrie, die Produktion von bekannten und neuen Aromastoffen sowie die Analyse von Naturstoffen.

Das Institut für Lebensmittelchemie beschäftigt sich mit biotechnologischen Prozessen zur Erzeugung von Naturstoffen mit aromagebenden und anderen funktionellen Eigenschaften.

Die Arbeiten fokussieren sich auf die Nutzung des biotechnologischen Potenzials von Basidiomyceten und Algen, die Produktion neuartiger Enzyme zum Einsatz in der Lebensmittelindustrie, die Produktion von bekannten und neuen Aromastoffen sowie die Analyse von Naturstoffen.

Analyse von Naturstoffen

Chromatographische, spektrometrische und elektrophoretische Methoden, die sich für die Analytik von Lebensmitteln bewährt haben, werden gleichermaßen genutzt, um die metabolischen Leistungen von Zellen und die Substrat- und Wirkspezifität von Enzymen zu charakterisieren. Das Spektrum der analysierten Stoffe reicht von kleinen Lebensmittelkontaminanten, wertgebenden Inhaltsstoffen wie  Aromen, Vitaminen und Farbstoffen über mittelgroße Metabolite wie den Cobalaminen (B12-Vitamine) bis hin zu großen Proteinen wie den Enzymen.

Probleme bei der Analyse flüchtiger Stoffe (Schaum- und Emulsionsbildung, ungünstige Verteilungskoeffizienten) werden durch Festphasenextraktion aus flüssiger und gasförmiger (Headspace) Matrix mit anschließender Thermodesorptionsgaschromatographie mit olfaktorischer und massenspektrometrischer Detektion gelöst. Nichtflüchtige Metabolite werden als solche oder derivatisiert mittels flüssigchromatographischer Methoden erfasst. Die LC-MS/MS mit ihren Ionisierungs- und Kollisionsvarianten ermöglicht Stoffidentifizierungen und quantitative Bestimmungen. Proteomanalysen werden nach ein- und zweidimensionaler Elektrophorese mit einer nLC-ESI-QTOF-MS/MS und bioinformatischen Auswertemethoden durchgeführt. Diese vielfältigen naturstoffanalytischen Instrumente bilden das methodische Fundament für die drei im Folgenden dargestellten Forschungsbereiche.

Biotechnologie mit Basidiomyceten und Algen

Die Aufklärung und Nutzung des metabolischen Potenzials von Basidiomyceten steht im Mittelpunkt vieler Arbeiten des Instituts. Diese gehören neben den Ascomyceten zu den „höheren“ Pilzen und beinhalten mit etwa 30.000 Arten 30 % aller bekannten Pilze. Zellkulturen dieser komplexen Mikroorganismen bilden zahlreiche terpenoide und phenolische Wirk- und Aromastoffe, sei es durch de novo Synthese oder durch Biotransformation von geeigneten Präkursoren.  Sie gedeihen besonders gut in Gegenwart von agro-industriellen Nebenströme wie Schalen, Kleien oder Trester.

Seit kurzem wird im Institut auch an verschiedenen Mikroalgen geforscht. Diese marinen Organismen werden bereits als Nahrungsmittel und -ergänzungsmittel genutzt. Sie enthalten u. a. Vitamin B12 und tragen so zum Ausgleich der Vitaminbilanz bei vegetarischer und veganer Ernährung bei. Zusätzlich stellen sie eine hochwertige Proteinquelle dar und können wirtschaftlich interessante Terpene bilden.

Durch die Nutzung großvolumiger Stoffströme aus der Lebensmittel- und Agrarindustrie können teure Medienkomponenten ersetzt werden. Zusätzlich wirken diese Nebenströme häufig induzierend auf die Bildung der gewünschten Stoffe.

Basidiomyceten und Algen: Aktuelle Forschungsthemen

  • Naturfarbstoffe aus Pilzen

    Üblicherweise werden Naturfarbstoffe aus Pflanzen gewonnen, die jedoch nur einmal im Jahr geerntet werden können und schwankenden Umwelteinflüssen unterliegen. Als Alternative werden Zellkulturen von Pigment bildenden höheren Pilzen genutzt, die unter kontrollierten Bedingungen im Bioreaktor wachsen. Die Nutzung von Reststoffströmen der Agrarindustrie ermöglicht eine bioökonomische Produktion.

  • Triterpene aus Algen

    Triterpene wie Squalen sind wichtige Biomoleküle, beispielsweise für Kosmetika oder als Vorläufer für die Steroidbiosynthese. Industriell wird Squalen aus Pflanzen- und Fischölen, vor allem aber aus Hailebertran gewonnen, welche deshalb intensiv bejagt werden. Ziel dieses Projektes ist die Triterpenproduktion in Mikroalgen, die auf industriell ungenutzten Nebenströmen wachsen, um einen kostengünstigen und nachhaltigen Prozess zu schaffen und die Biodiversität zu erhalten.

  • Terpencyclasen

    Etherische Öle wie z. B. Citrus- oder Pfefferminzöl finden breite Anwendung in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie. Wertbestimmend sind Mono- und Sesquiterpene, die als typische pflanzliche Metabolite nur durch zerstörende Extraktion gewonnen werden können. Das pflanzenähnliche Biosynthesepotential von Basidiomyceten schafft eine Alternative. Durch Identifizierung und nachfolgende heterologe Produktion der verantwortlichen Enzyme, den Terpencyclasen, streben wir eine gezielte und ressourcensparende Herstellung von geruchsaktiven Terpenen an.

  • Genetische Variabilität von Monokaryoten

    Monokaryotische Stämme von Basidiomyceten besitzen nach der Meiose eine unterschiedliche genetische Ausstattung.  Diese natürliche Variation resultiert in unterschiedlicher biochemischer Leistungsfähigkeit. Mithilfe biochemischer Assays können optimierte Stämme für biotechnologische Anwendungen selektiert werden, ohne dass rekombinante Techniken verwendet werden müssen, ein wichtiger Aspekt im Bereich Lebensmittel.

Neue Enzyme für die Lebensmittelindustrie

Basidiomyceten können auf Lignocellulose haltigen Substrate wie Fasern, Schalen, Kleien oder Laub wachsen. Um diese abzubauen und die Nährstoffe nutzen zu können, sekretieren sie eine Vielzahl unterschiedlicher Enzyme, u. a. Peptidasen. Die Lebensmittelindustrie setzt Peptidasen zur Aromabildung, in Reifungsprozessen und für die Totalhydrolyse im großtechnischen Maßstab ein. Andere Enzyme können die Bekömmlichkeit von Lebensmitteln wie Kaffee erhöhen, ermöglichen die Erschließung neuer Proteinquellen wie Rapsprotein oder sind für die Herstellung alternativer Lebensmittel nutzbar, zum Beispiel Gelatine-Substitute für Vegetarier/Veganer.

In Screenings können Submerskulturen von Basidiomyceten nach Enzymen mit den gewünschten Eigenschaften durchsucht werden. Ist ein geeignetes Enzym gefunden, folgt häufig eine Expression der Enzym codierenden Gene in pro- und eukaryotischen Wirten (Escherichia coli, Komagataella, Aspergillus), um die gezielte Produktion des Enzyms in einem größeren Maßstab zu ermöglichen.

Neue Enzyme: Aktuelle Forschungsthemen

  • Reduktion des Salzgehaltes von Lebensmitteln

    Der hohe Salzkonsum, der in den meisten Industrienationen doppelt so hoch liegt wie von der World Health Organization (WHO) empfohlen, steht in Verbindung mit zahlreichen gesundheitlichen Risiken wie z. B. Bluthochdruck und Herz-/Kreislauferkrankungen. Das Institut forscht an der enzymtechnologischen Gewinnung von Salzgeschmack verstärkenden Peptiden, die helfen, den Salzgehalt von Lebensmitteln ohne geschmackliche Einbußen zu reduzieren.

  • Natürliche geschmacksverstärkende Peptide

    Umami ist neben sauer, süß, salzig und bitter die fünfte anerkannte aber am wenigsten bekannte Geschmacksmodalität. Der fleischige, einer Brühe ähnelnde Geschmack ermöglicht eine verminderte Salzdosierung und ergibt ein angenehmes sensorisches Geschmacksbild. Umami wird hauptsächlich durch Mononatriumglutamat (MSG) hervorgerufen. Da es wissenschaftlich nicht belegte, aber dennoch kritische Verbrauchermeinungen zu MSG gibt, sucht das Institut nach lebensmitteleigenen Peptiden als MSG-Ersatz.

  • Bitterstoffabbau in Rapsprotein

    Rapsprotein fällt durch die Herstellung von Rapsöl in großen Mengen als Nebenstrom an. Eine Verwendung in Lebensmitteln wird jedoch durch den intensiven bitteren Beigeschmack eines Kaempferolglycosides behindert. Eine gezielte, enzymatische Behandlung zur Spaltung des Glycosids könnte wesentlich zu einer Erschließung als biologisch hochwertige Proteinquelle für den menschlichen Konsum beitragen.

  • Chlorogensäureabbau im Kaffeegetränk

    Vielen Menschen bereitet der Genuss von Kaffee Magenprobleme, die unter anderem den enthaltenen Chlorogensäuren zugeschrieben werden. Ein Abbau von Chlorogensäuren mittels höheren Rösttemperaturen und -zeiten verändert unvermeidlich den Geschmack und Geruch. Die enzymatische Behandlung von Kaffeepulver oder –getränk entkoppelt den Chlorogensäureabbau von der Aromabildung und kann besser verträgliche Produkte erzeugen. Das enzymtechnologische Verfahren ist inzwischen erfolgreich auf den ebenfalls Chlorogensäure reichen Apfelsaft übertragen worden.

  • Vegane Gele

    Gelatine spielt aufgrund seiner besonderen Gelbildungseigenschaften eine große Rolle in der Lebensmittelproduktion, stellt wegen seines tierischen Ursprungs aber für viele Menschen aus unterschiedlichen Gründen ein Problem dar. Aus Nebenströmen der Lebensmittelproduktion wurden durch enzymatische oxidative Quervernetzung pflanzliche Gele produziert und in ihren Eigenschaften charakterisiert. Die neuartigen Strukturbildner besitzen gelatineartige rheometrische Eigenschaften.

Biotechnologie der Aromastoffe

Basidiomyceten produzieren ein breites Spektrum flüchtiger Verbindungen und eignen sich sowohl für die Produktion bekannter als auch für die Identifizierung neuartiger Aromastoffe. Mittels Analysemethoden wie der olfaktometrischen GC-MS kann das Volatilom von Pilzkultivierungen charakterisiert und Schlüsselaromen identifiziert werden.  Zur Aufklärung der häufig unbekannten Synthesewege dienen Experimente mit markierten Vorläufersubstraten.

Mikrobielle Systeme liefern Aromastoffe mit dem begehrten Attribut „natürlich“. Darüber hinaus bieten Bioprozesse mit Zellkulturen oder Enzymen einige Vorteile im Vergleich zu den herkömmlichen Chemosynthesen. Selektive und spezifische Eintopfreaktionen führen unter milden Reaktionsbedingungen zu den gewünschten Produkten. Der Verzicht auf Schwermetalle und brennbare Hilfsstoffe sowie die Nutzung nachwachsender Ressourcen resultieren in hoher ökologischer Kompatibilität.

Aromastoffe: Aktuelle Forschungsprojekte

  • Aromastoffe aus Zellkulturen

    Basidiomyceten bieten durch ihr breites Produktspektrum flüchtiger Verbindungen ein enormes Potential für die Identifizierung neuer Aromastoffe. Ein Beispiel ist das kürzlich als neuer Naturstoff identifizierte Polyketid (5E/Z,7Z,9 )-Decatrien-2-on, welches ein intensives Ananas-ähnliches Aroma besitzt.

  • Nachhaltige Nutzung von Vanille

    Steigende Nachfrage und multiple Krisen in den Anbauländern verursachen eine Verknappung des weltweiten Angebots an Vanilleschoten. Obwohl die Hülle der Vanilleschote reich an Aromen ist, bleibt diese in der Regel wegen ihrer harten Textur ungenutzt. Mithilfe von Enzymen aus Basidiomyceten sollen natürliche Aromaextrakte aus der ganzen Vanilleschote hergestellt werden, um diese wertvolle Ressource nachhaltiger zu nutzen.

  • Raucharoma ohne Feuer

    Zahlreiche Lebensmittel werden durch Räuchern konserviert und aromatisiert. Der entstehende Rauch enthält jedoch nicht nur Aromastoffe, sondern auch potentiell krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, aromatische Amine, Kresole und mehr. Eine aktuelle Arbeit am Institut fokussiert sich auf die Substitution der klassischen Holzpyrolyse durch eine Enzymkaskade, die den unbedenklichen und chemisch reinen natürlichen Schlüsselaromastoff des Raucharomas produziert.